„Present moment is the only moment.“ (Thich Nhat Hanh)
Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, schlage ich ein kleines Experiment vor:
Halten Sie dafür ein paar Augenblicke inne und schließen Sie Ihre Augen. Lassen Sie sich ruhig Zeit. Wenn Sie soweit sind, richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf ihren ganzen Körper und nehmen Sie ihn ganz bewusst wahr, im Sitzen oder im Stehen – so, wie er gerade ist. Richten Sie Ihre Achtsamkeit auf den Umstand, dass Sie atmen – einatmen und ausatmen … einatmen und ausatmen… in Ihrem Tempo und in Ihrem Rhythmus, ohne etwas verändern zu wollen. Vielleicht bemerken Sie, wo Sie das Einströmen der Luft am meisten spüren, an den Nasenflügeln oder wie sich der Brustkorb oder der Bauchraum hebt und wieder senkt. Vielleicht bemerken Sie, dass Gedanken in irgendeiner Weise auftauchen, gut meinend und ermutigend oder vielleicht bedrängend, sorgenvoll …, die die Vergangenheit oder die Zukunft betreffen. Oder, dass Gefühle unterschiedlicher Qualität und Intensität, angenehme, unangenehme oder vielleicht auch neutrale in diesem Moment erfahrbar werden. Oder Bilder, Sätze, Erinnerungen … Dann nehmen Sie einfach das, was sich im Augenblick zeigt, wahr, ohne zu kommentieren, zu beurteilen oder wegzudrängen.
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Sie haben möglicherweise bemerkt, dass es gar nicht so leicht fällt, sich auf die bewusste Beobachtung des gegenwärtigen Moments zu besinnen. Sei es, weil Sie nicht wirklich Zeit haben oder Sie es sich einfach nicht erlauben, weil ein Leistungs- oder Perfektionsgedanke dahintersteckt oder weil Sie aus Angst vor einer unangenehmen Erfahrung eine Haltung der Vermeidung aufbaut.
Unsere Wahrnehmung ist oft verzerrt oder fixiert, sodass unser Gefühl und Bild von uns selbst oder zu anderen hin uns oftmals belasten und uns Kummer bereiten. Wir bewerten und beurteilen unsere Erfahrungen, die wir im Moment machen, interpretieren oder kommentieren sie, weil es uns schwerfällt, sie einfach nur zu betrachten. Eine tiefe Begegnung mit dem, was im Moment ist, ist dann nicht möglich, weil es nicht erfahrbar wird. Es gelingt uns dann auch nicht, das anzunehmen, was ist und zu werden, wer wir wirklich sind.
Was ist MBSR (Mindfulness based stress reduction)?
Im September 1979 startete in Massachusetts, USA ein Programm mit dem Namen Stress Reduction and Relaxation Program, dem heutigen Mindfulness based stress reduction (MBSR) von Jon Kabat-Zinn. Der Molekularbiologe unterrichtete auf der medizinischen Fakultät Biologie und Anatomie und leitete Yoga- und Meditationsklassen. Mit leitenden Ärzten der allgemeinen Ambulanz, der Schmerzklinik und der orthopädischen Abteilung richtete er dieses intensive Training gleichsam als „Public Health-Maßnahme“ chronische Schmerzpatienten (Migräne, Wirbelsäulenbeschwerden, Fibromyalgie) ein. Inspiriert durch eine buddhistische Grundhaltung, die buddhistische Psychologie und die östliche Tradition und ermutigt durch Thich Nhat Hanh, einem weltweit als buddhistische Autorität anerkannten vietnamesischen Mönch, gewann dieses Training im westlichen Kultur- und Wissenschaftskreis zunehmend an Interesse und Faszination. Auch auf universitärem Boden finden Begegnungen und Austausch von östlichem und westlichem Denken statt. Zwischenzeitlich gibt es eine Vielzahl an wissenschaftlichen Studien, die die Wirkung des Programms beschreiben und bestätigen. So ist Achtsamkeit eine besondere Weise, auf die Welt zu blicken, sie zu verstehen und in der Welt zu sein.
Bemerken was ist – ein Weg zur inneren Ruhe
Die WHO erklärte Stress als eine der größten Gesundheitsgefahren des 21. Jahrhunderts. Die Stressbelastungen und die Herausforderungen des Alltags nehmen zu. Stress gehört zu unserem Leben, der uns herausfordert, sei es durch die Alltagsbewältigung oder durch einschneidende belastende Erlebnisse (Verlust, Unfall, Krankheit, Schmerzen). Die derzeitige Welterfahrung wird bestimmt durch Geschwindigkeit, Aktivität, Leistung und Ziele. Wie wir damit umgehen, hat einen unmittelbaren Einfluss auf unser Wohlbefinden. In der Hektik unseres Alltags fällt es uns schwer, uns auf den Moment zu besinnen, auf die Dinge, die wir eben im gegenwärtigen Augenblick erfahren und tun. Wir sehnen uns nach Entlastung, Klarheit und innerer Ruhe.
Mindfulness based stress reduction (MBSR) ist ein 8-wöchiges Kursprogramm zur Stressbewältigung.
Das Herzstück dieses Programms ist ein intensives Training von Achtsamkeit.
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In acht wöchentlichen Sitzungen in der Gruppe in der Dauer von jeweils 2,5 bis 3 Stunden und einem Tag der Achtsamkeit (6 Stunden) werden „formelle“ Achtsamkeitsübungen unterrichtet (Bodyscan, achtsame Körperübungen-Yoga und Sitz- und Gehmeditation) und unter CD-Anleitung täglich praktiziert. Der aufbauende Kurs behandelt die Schwerpunktthemen Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Umgang mit angenehmen und unangenehmen Erfahrungen und Stress durch theoretische Inputs, gemeinsames Praktizieren und Austausch der Gruppenerfahrungen u.a. mit Hilfe von Tagebuchaufzeichnungen der TeilnehmerInnen. Zur Integration in das Alltagsleben dienen „informelle“ Übungen der Tagesroutinetätigkeiten wie z.B. abwaschen, Zähneputzen, duschen, essen, gehen …
Anhand der angebotenen Übungen können wir von Moment zu Moment das wahrnehmen, was gerade ist und wie wir damit umgehen. Wir können mit einer inneren Achtsamkeit Körperempfindungen, Gefühle, Gedanken, Stimmungen, innere Bilder und Impulse beobachten, wie sie entstehen und wieder vergehen. Dieses Beobachten passiert aus einer achtsamen Haltung heraus, was bedeutet, dass wir uns mit einer Neugierde und einem Anfängergeist wohlwollend, akzeptierend, nicht urteilend und bewertend bewusst den gegenwärtigen Erfahrungen widmen. Dabei gilt es nichts zu kommentieren, nichts zu interpretieren, zu tun oder verändern zu wollen. Große Beachtung wird dabei auch der Aufmerksamkeit auf den Atem geschenkt. Durch diese Erfahrungen erschließen sich andere Räume des Seins und des auf die „Welt-schauens“, die zu Klarheit, zur Beruhigung und zur Gelassenheit führen. Wir lernen dadurch unsere Erfahrungen mit einem neugierig forschenden Geist zu beobachten, aushalten zu können und auch mit Unangenehmen oder Schmerzvollen umgehen zu können.
MBSR versteht sich nicht als Psychotherapie im engeren Sinn, das Programm bildet allerdings eine Basis zur Entwicklung störungs- und zielgruppenspezifischer Vorgehensweisen wie z.B. bei Depressionen, Suchtproblemen, Angst, Krebs, HIV infizierten Menschen. Das Anwendungsgebiet von MBSR hat sich bereits auf viele Bereiche ausgedehnt wie z.B. auf Schulen, Firmen, öffentliche Einrichtungen und wird als Burn-out-Prophylaxe eingesetzt.
MBSR nimmt positiven Einfluss auf:
- Schmerzbewältigung
- Kultivierung eines gesundheitsförderlichen Lebensstils durch Selbstfürsorge
- Positive Veränderung der Beziehung zu sich selbst und anderen durch Selbstmitgefühl
- Burnout Prophylaxe durch das Erkennen und Akzeptieren von Grenzen
- Disidentifikation durch den Standpunkt des inneren Beobachters
- Veränderung der Gehirnfunktion und Stärkung der Immunabwehr
MBSR eignet sich sehr gut für Erwachsene, für Kinder und Jugendliche zur Prävention und Krankheitsbewältigung bei:
- Depressionen (wiederkehrend) und Angststörungen
- Burnout
- Chronische Schmerzen
- Chronische Erkrankungen
- Krebserkrankung
- Immunschwächen
- Emotionsregulationsstörungen
- Schlafstörungen
- Konzentrationsstörungen